Von historischen Trompeten und den Herren Würsch, Weidinger, Hummel und Haydn

Historische Instrumente

Trompeten spielten ursprünglich «nur» die (etwa 16) Naturtöne – was für viele grossartige Werke der Musikgeschichte und die Musik an den Höfen genügte. Heute sind wir uns Trompeten mit Ventilen gewohnt.

Die Zeit von 1750–1850 gilt als Übergangsperiode zwischen Natur- und Ventiltrompete. Unterschiedliche Lösungen wurden gefunden und praktiziert, um mehr Töne als die Naturtonreihe spielen zu können: Stopfen mit der Hand im Schallstück, Klappen analog zu Holzblasinstrumenten, bewegliche Züge analog zur Posaune, Ventile unterschiedlichster Art. Die historische Aufführungspraxis alter Musik interessiert sich heute für diese Übergangsinstrumente. Es ist für Musikerinnen und Musiker inspirierend, die Musik auf Nachbauten von Instrumenten der Zeit zu spielen.

Klappentrompeten

Es funktioniert erstaunlich gut: Ein Loch an der richtigen Stelle in der Trompete erhöht alle Naturtöne. Mit drei solchen Löchern kann man die ganze Tonleiter spielen. Um diese ziemlich weit auseinanderliegenden Löcher schliessen und öffnen zu können, wurden Klappen angebracht, analog zu den Holzblasinstrumenten.

Mehrere Trompeter haben im späten 18. Jahrhundert mit dieser Möglichkeit experimentiert. Sehr erfolgreich war der Wiener Hoftrompeter Anton Weidinger (1766–1852). Er überzeugte zudem fast alle damaligen Wiener Komponisten, Kompositionen für seine «organisirte Trompete» zu schreiben. Zwei davon gehören heute zu den bekanntesten Werken der Klassik: die Trompetenkonzerte von Joseph Haydn (komponiert 1796) und Johann Nepomuk Hummel (1803).

Ein Team der HKB um Markus Würsch und die Instrumentenbauer Konrad Burri, Zimmerwald, und Rainer Egger, Basel, erforschte Geschichte, Bau und Spielmethodik der Klappentrompete. (mehr...)

Video: Interview mit Markus Würsch zur Klappentrompete

Nachbau der Trompeten von Courtois

Antoine Courtois (1814–1880) war «Facteur du Conservatoire de Paris», einer der bedeutensten Instrumentenmacher der Zeit. Im Klingenden Museum Bern sind aus seiner Werkstatt u.a. eine Zugtrompete von ca. 1845 und ein Koffer mit einer Natur- und Ventiltrompete von ca. 1855 zu sehen (Bild). Das war das Equipment eines französischen Orchestertrompeters dieser Zeit. Alle drei Instrumente wurden durch die Firma Egger in Basel nachgebaut.

Dabei wurden nicht nur die Geometrie der Originalinstrumente vermessen und «kopiert», sondern auch das Material, ein leicht bleihaltiger Messing. Zudem wurde der Nachbau mit damaligen Methoden gefertigt: Egger will als Instrumentenbauer ebenso historisch informiert arbeiten wie die Musiker*innen, für die er seine Instrumente baut, siehe folgendes Video.
(zum Forschungsprojekt...)

Koffer mit Natur- und Ventiltrompete von Courtois, ca. 1855. Mit Stift in G und Bögen in F, E, Es, D und C.
Koffer mit Natur- und Ventiltrompete von Courtois, ca. 1855. Mit Stift in G und Bögen in F, E, Es, D und C.
Der Nachbau entsteht: Ausglühen des Schallstücks
Der Nachbau entsteht: Ausglühen des Schallstücks

Video: Der Trompetenbauer

Dilemma der Konservierung: Dürfen wir historische Instrumente heute wieder spielen?

Ja? Dann riskieren wir, dass sie auch kaputt gehen, wie die meisten Instrumente ihrer Zeit.
Nein? Sind sie dann als Musikinstrumente nicht ohnehin verloren?

Historische Musikinstrumente unterliegen einem Dilemma: Spielen wir sie erneut oder weiterhin, gehen sie kaputt und Teile werden ersetzt. Irgendwann ist nichts mehr original, oder das Instrument ist unspielbar. Wenn wir die Originale hingegen nicht mehr spielen (also «still-legen»), werden sie zu historischen Objekten, die zwar von ihrer Geschichte Zeugnis ablegen, aber ihren Klang – ihre ursprüngliche Daseinsberechtigung – verlieren.

Dieses Dilemma – benutzen versus bewahren – gilt für alle Museumsobjekte mit beweglichen Teilen. Grundsätzlich ist es nicht lösbar. Blasinstrumente sind wegen der feuchten Atemluft besonders gefährdet. Das Metall korrodiert von innen, das Holz kann reissen.

Ein Forschungsprojekt der HKB, in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich und dem Nationalmuseum, hat die Korrosion im Innern der Blechblasinstrumente studiert. Es konnte gezeigt werden, dass ein Instrument nach dem Spielen über Wochen innen nicht trocknet (siehe Video unten). Diese Feuchtigkeit aktiviert die Korrosion somit hauptsächlich in der Zeit, in der nicht gespielt wird. Ein kleiner Ventilator vermag dies zu verhindern. (zum Forschungsprojekt ...)

 

Video: Ein kleiner Ventilator mit grosser Wirkung

Interview Adrian v. Steiger zur Konservierung historischer Blasinstrumente bis hin zu den antiken ägyptischen Trompeten.

Trompeten für die historische Aufführungspraxis

Die HKB und das Klingende Museum Bern besitzen einige Trompeten, die für Projekte der historischen Aufführungspraxis ausgeliehen werden können. Anfragen auf mail@fresh-wind.ch.

Beispiele:

  • Ventiltrompete, Inventionstrompete und Zugtrompete, alle in G / F / E / Es / D / C / B von Rainer Egger, Basel, Nachbauten nach Antoine Courtois, Paris um 1845/1855 (Bild)
  • Klappentrompete in E / Es von Rainer Egger, Basel, 5 Klappen, Nachbau nach Eduard Bauer, Prag Mitte 19. Jahrhundert
  • Klappenflügelhorn in B von Muller à Lyon, Mitte 19. Jahrhundert, 6 Klappen
  • Trompete in F /E / Es von Besson, London ca. 1890, französische Pistonventile
  • Trompete in C von Couesnon, Paris 1920, geeignet für französische Orchesterpartien der Zeit